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Samsas Traum - Poesie: Friedrichs Geschichte lyrics



Tracks



01. Es Ist Der Tod

Instrumental

02. Sauber

Wir senden Ihnen heute
Es geht um das Volksvermögen
Ganz frisch aus der Druckerei
Eintausend Krankenmeldebögen

Zu erleichtern und entlasten
Zu erheben und benennen
Um die Guten von den Schlechten
Von den Schädlingen zu trennen

Damit im ganzen Reich auch jeder Arzt kooperiert (Sieg)
Und kein Direktor uns're Pläne sabotiert (Heil)
Haben wir sechs Wochen bis zur Abgabe notiert
Und August, den 1. im Kalender rot markiert

Sollten Sie nicht alle Kranken rechtzeitig erfassen
Behalten wir uns vor, Ihnen Besuch schicken zu lassen
Für den Führer und das Vaterland, die Reinheit deutscher Sippen
Sind die Bögen ausnahmslos mit der Maschine zu betippen

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Melden Sie dem Reichsminister Schwachsinn jeder Art
Ob man kriminelle Geisteskranke bei Ihnen verwahrt
Schizophrene, Epileptiker, Verstörte und Senile
Melden Sie die Dauergäste, Neger und Debile

Melden Sie uns Syphilis, Entzündete Gehirne
Jeden Juden, jeden Mischling, jeden Trottel, jede Dirne
Nennen Sie Zigeuner, alle, die nichts nützen woll'n
Auch die Asozialen, Unheilbaren, die nicht schuften soll'n

Her mit jedem Pfennig, jeder Mark und jedem Bett (Sieg)
Deutschland braucht die Anstalt nicht, es braucht das Lazarett (Heil)
Melden Sie uns alles, was auf beigefügtem Merkblatt steht
Alles, restlos alles, das durch Ihre Flure rollt und geht

Nicht alles auf einmal: schicken Sie's in Teilen
Das beschleunigt die Bearbeitung, wir müssen uns beeilen
Für die Ordnung, die Genauigkeit, das werden Sie verstehen
Sind die Blätter stets mit fortlaufenden Nummern zu versehen

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm die Schaufel in die Hand
Hol die Asche aus dem Ofen
Blas den Dreck aus uns'rem Land
Wir machen sauber
Spann die Meldebögen ein
Tipp sie alle
Tipp sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm die Schaufel in die Hand
Hol die Asche aus dem Ofen
Blas den Dreck aus uns'rem Land
Wir machen sauber
Spann die Meldebögen ein
Tipp sie alle
Tipp sie alle durch den Schornstein

(Sauber)
(Sauber)
(Wir machen Sauber)
(Wir machen Sauber)

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm den Besen in die Hand
Kehre mit ihm alle Straßen
Feg den Dreck aus diesem Land, wir machen
Sauber
Gründlich, lupenrein
Jag sie alle
Jag sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm die Schaufel in die Hand
Hol die Asche aus dem Ofen
Blas den Dreck aus uns'rem Land
Wir machen sauber
Spann die Meldebögen ein
Tipp sie alle
Tipp sie alle durch den Schornstein

Sauber
Nimm die Schaufel in die Hand
Hol die Asche aus dem Ofen
Blas den Dreck aus uns'rem Land
Wir machen sauber
Spann die Meldebögen ein
Tipp sie alle
Tipp sie alle durch den Schornstein

03. Und Ich Schrieb Gedichte

Von Anfang an, da war ich alles
Nur nicht ganz normal
Ein Bub wie ich, der war vor allem
Für den Vater eine Qual
?Was hat er nur im Köpfchen
Außer Fantasie?
Er hat zwei linke Hände
Und die Schule, nein, die schafft er nie"

Backe, backe Kuchen
Der Hitler wird dich suchen
Wer will gute Asche machen
Der muss haben sieben Sachen
Feuer und Gas
Spritzen und Hass
Urnen und Stempel
Busse sammeln alle ein
Schieb in den Ofen rein

Von Anfang an, da sah ich anders
Sah ich schief und hässlich aus
Mein Anblick war der Mutter stets
Ein Gräuel und auch ein Graus
?Was hat es nur für Augen
Und wann hört es auf zu lallen
Das Kind schaut aus, als wäre es
Mir oft vom Tisch gefallen"

Backe, backe Kohlen
Der Hitler soll dich suchen
Wer will gute Leichen machen
Der muss haben sieben Sachen
Feuer und Gas
Spritzen und Hass
Urnen und Stempel
Busse sammeln alle ein
Schieb in den Ofen rein

Und ich schreib' Gedichte
Und ich schreib' Gedichte
Und ich schreib' Gedichte
Und ich schreib' Gedichte

Ewigkeit ist keine Tugend
Stolzen Schrittes weicht die Jugend
Ewigkeit war immer nur
Der Sturm, der mich bedeckt
Oh, Schmetterling, so komm herein
Ich will, dass du mich zärtlich tötest
Meine Wangen, mein Gebein
Weit fort zur Sonne trägst
Lächelt Anathanasia?
Sie lacht mich aus, so sonderbar
Die Welt, sie dreht sich immer noch
Die Zeit läuft nicht zurück
Und hört ihr, wie die Vögel schrein?
Sie sagen euch: ?Der kommt nicht wieder"
Warum fliegen Motten Nacht
Für Nacht ins gleiche Licht?

Der Traum ist aus
Aber ich

Backe, backe Kuchen
Backe, backe Kuchen
Backe, backe Kuchen
Der Hitler wird dich suchen

Backe, backe Kohlen
Backe, backe Kohlen
Backe, backe Kohlen
Der Hitler soll dich holen

Und ich schrieb Gedichte
Und ich schrieb Gedichte
Und ich schrieb Gedichte
Und ich schrieb Gedichte

04. Der Mönchberg (Heinrichs Gedicht)

Draußen saß er auf der Brücke
Auf die Stadt sah er zurück
Baumbepflanzt war jede Lücke
Auch der Mönchberg traf sein Blick

Eisern sind die Fenstergitter
Meterdick die Anstaltsmauern
Junge Mädchen weinen bitter
Ihre Freiheit zu betrauern

Und der Heinrich kann berichten
Von der Anstalt viel' Geschichten
Auf des Berges stolzer Kuppe
Gab es meist nur Wassersuppe

Schraubstock und auch Schmiedefeuer
Waren ihm oft nicht geheuer
Bei des Kessels Dampfend' Hitzen
Musst' er hungern und auch schwitzen

Oft dacht' er an Kameraden
Mit gewehren, scharf geladen
Fein im Feld, in Blut'ger Schlacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
Und hat die Arbeit gern gemacht

Manche Träne Fiel in Schlacken
Wenn der Rest in Sonntagsjacken
Rumspazierte, schnell und schneller
Flennte er im Heizungskeller

Ja, für alle Angestellten
War die Anstalt Paradies
Doch für Heinrich, den Geprellten
War die Anstalt ein Verlies

Und der Heinrich kann berichten
Von der Anstalt viel' Geschichten
Auf des Berges stolzer Kuppe
Gab es meist nur Wassersuppe

Schraubstock und auch Schmiedefeuer
Waren ihm oft nicht geheuer
Bei des Kessels Dampfend' Hitzen
Musst' er hungern und auch schwitzen

Oft dacht' er an Kameraden
Mit gewehren, scharf geladen
Fein im Feld, in Blut'ger Schlacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
Und hat die Arbeit gern gemacht

Und der Heinrich kann berichten
Von der Anstalt viel' Geschichten
Auf des Berges stolzer Kuppe
Gab es meist nur Wassersuppe

Schraubstock und auch Schmiedefeuer
Waren ihm oft nicht geheuer
Bei des Kessels Dampfend' Hitzen
Musst' er hungern und auch schwitzen

Oft dacht' er an Kameraden
Mit gewehren, scharf geladen
Fein im Feld, in Blut'ger Schlacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht
?Fürs Vaterland", hat er gedacht

05. Wir Fahren In Den Himmel (Und Ich Kotze Angst)

Und wir fahr'n, fahr'n, fahr'n
Mit dem Bus, Bus, Bus
In den Hi-Ha-Himmel
In den Hi-Ha-Himmel
Und wir fahr'n, fahr'n, fahr'n
Mit dem Bus, Bus, Bus
Stundenlang

Und sie dreh'n, dreh'n, dreh'n
Dreh'n sich rundherum
Seine Ri-Ra-Räder
Seine Ri-Ra-Räder
Und sie dreh'n, dreh'n, dreh'n
Dreh'n sich rundherum
Stundenlang

Und sie ruft, ruft, ruft
Seid jetzt still, still, still
Uns're Krankenschwester
Uns're Krankenschwester
Und sie ruft, ruft, ruft
Seid jetzt still, still, still
Stundenlang

Und sie schrei'n, schrei'n, schrei'n
Schrei'n im Bus, Bus, Bus
Alle Ki-Ka-Kinder
Alle Ki-Ka-Kinder
Und sie schrei'n, schrei'n, schrei'n
Schrei'n im Bus, Bus, Bus
Stundenlang

Und ich leck', leck', leck'
Leck' an deiner Hand
Deinen langen Fingern
Deinen langen Fingern
Und ich leck', leck', leck'
Leck' an deiner Hand
Stundenlang

(La-la, la-la, la)
(La, la)
(La-la, la-la, la)
(La, la)

Aus dem Auge, aus dem Sinn
Wo ist nur dein Rüssel hin?
Lieber Elefant, ich kotze Angst

Und in deinem runden Bauch
Spielt ein Lied, hörst du es auch?
Schalt das Radio aus, ich kotze
Schalt das Radio aus, ich kotze Angst

06. Fingerkränze

Ich warte, warte immer noch
Ich warte auf den Schluss
Auf das Ende, das auf Grund des Anfangs
Irgendwann doch kommen muss
Darauf, dass die Bösen sterben
Darauf, dass die Guten siegen
Darauf, dass die Arme reichen
Dass sie reichen, um zu fliegen

Ich warte, warte hier darauf
Dass du mich findest
Dass du gemeinsam
Mit mir Fingerkränze bindest
Ich warte darauf
Dass du mir im Traum begegnest
Dass du mit den Sternen
Eines Nachts vom Himmel regnest

Ich schlage Fäuste gegen Wände
Ich reibe Knochen über Stein
Ich stecke Worte in die Ohren
Zähle Haare, zähle Poren
Und ich warte, und ich warte, und ich warte
Und ich warte nur auf dich

Und ich warte, warte lange
Warte ganz allein mit mir
Auf ein neues, auf ein leeres
Auf ein unbeschrieb'nes Blatt papier
Warte darauf, dass die Spinne
Mir ein Netz zum Fallen webt
Darauf, dass der liebe Gott
Im Bauche meiner Mutter lebt

Ich warte darauf
Dass du auf dem Wind zu mir treibst
Dass du durchs Fenster wehst
Und bis zum Tod bei mir bleibst
Ich warte, warte immer noch
Ich warte auf den Schluss
Auf das Ende, das durch diese Tür
In dieses Zimmer treten muss

Ich schlage Fäuste gegen Wände
Ich reibe Knochen über Stein
Ich stecke Worte in die Ohren
Zähle Haare, zähle Poren
Und ich warte, und ich warte, und ich warte
Und ich warte nur auf dich

Ich schlage Fäuste gegen Wände
Ich reibe Knochen über Stein
Ich stecke Worte in die Ohren
Zähle Haare, zähle Poren
Und ich warte

Ich schlage Fäuste gegen Wände
Ich reibe Knochen über Stein
Ich stecke Worte in die Ohren
Zähle Haare, zähle Poren
Und ich warte, und ich warte, und ich warte
Und ich warte und ich

07. Richard, Warum Zitterst Du?

Richard, warum zitterst du?
Nicht zittern, Junge, schlucken
Hat dir denn in Prenzlau
Niemand Trinken beigebracht?
Richard, halt die Füße still
Hör endlich auf zu zucken
Schlucken, Kleiner, schlucken
Pissen, spucken, gut gemacht

Richard, kannst du, mach's mir nach
Auf einem Beinchen steh'n?
Schau auf dieses Bild
Was siehst du: Engel mit Trompeten?
Acht plus zwei ist? Sag schon, Richard, Elf?
Nein, Jungchen: Zehn
Richard, lass uns spielen
Richard, komm, wir bau'n Raketen

Richard
Richard
Wo willst du hin?

Richard
Richard
Wo willst du hin?

Richard, warum stirbst du nicht?
Kannst du nicht schneller brechen?
Gib es endlich auf, du siehst doch
Du hast keinen Zweck
Deutlich, Richard, deutlich
Reiß die Zähne auf beim Sprechen
Bursche, sind das Sommersprossen
Oder Mückendreck?

Richard, du hast Segelohr'n
Mit denen kannst du fliegen
Flieg doch, wenn du Schiss hast
Ich helf' dir zum Fenster rauf
Gerade, Richard, gerade
Gerade stehen, sitzen, liegen
Richard, lass uns spielen
Komm, ich zieh' die Spritze auf

Richard
Richard
Wo willst du hin?

Richard
Richard
Wo willst du hin?

Richard, deine Mutter
Hatte neun von deiner Sorte
Glaubst du, Deutschland hat mit ihr
Ein Leben lang Geduld?
?Ausschuss", Richard, ?Unnütz", Richard
Das sind eure Worte
Hätte sie nur Deutsch gefickt
Sie träfe keine Schuld

Richard, warum schielst du so?
Mir wird ganz schlecht vom Hinseh'n
Brav, mein Junge, brach
Geh deinen Freunden brav voraus
Richard, mach die Augen zu
Du brauchst mich gar nicht anfleh'n
Sonst schaust du selbst beim Sterben
Wie der letzte Trottel aus

Richard
Richard
Wo willst du hin?

Richard
Richard
Wo willst du hin?

08. Im Keller Wohnt Der Krieg

Die Sonne kommt zu uns
Hinein in diesen Stall
Sie drängt sich durch das Holz
Die Ritzen und die Spalten
Der Dreck bittet zum Tanz
Will ihre Strahlen halten
Sie lässt ihm keine Ruh'
Der Glanz ist überall

Auf deinem Rücken steht
In Blütenweiße Haut
Mit Tintenstift gedrückt
In Mädchenschrift geschrieben
Von deinem süßen Schweiß
Dem Kleid kaum abgerieben
Der Name: ein Geschenk
Ein zarter Flüsterlaut

Ich möchte von dir wie
Der Wind vom Herbst das Laub
Wie helles Licht das Korn
Die Flocken und den Staub
Wie Blumen auf dem Feld
Die Muttermale pflücken

Wenn sich der Laute Strom
Durch dunkle Gänge zwängt
Und uns aus diesem Stall
Aus diesem Schuppen drängt
Dann will ich meinen Mund
An deine Wirbel drücken

So ziehen wir uns aus
Es heißt man wird uns waschen
Ein pfeilspitzes Gesicht
Will wissen, wer ich bin
Und führt mich durch den Saal
Zu Mantelbergen hin
Ich finde einen Knopf
Und Tabak in den Taschen

Gemessen wirst auch du
Betrachtet und gewogen
Die Kamera zielt scharf
Sie scheißt auf dich, dein Bild
Du schützt die Brust und hebst
Die Arme wie ein Schild
Dem Foto folgt ein Wort
Auf einem Meldebogen

Der Fluss wird uns hinab
Vor gelbe Kacheln spülen
Die Hand wird sich durch Fleisch
Durch Augenlider wühlen
Der Mantel passt mir gut
Im Keller wohnt der Krieg

So werde ich von hier
Die ganze Welt umfassen
Mich von der kranken Flut
Hinuntertreiben lassen
Im Keller wohnt der Tod
Auf ihn wartet der Sieg

09. Gorgass

Man könnte, wenn man wollte
Behaupten: ich hab' Glück gehabt
Ich tat nur, was ich sollte
War hauptsächlich darin begabt
Zu folgen und gehorchen
Niemals zu hinterfragen
Und das Leid tausender Menschen
Bis nach Bielefeld zu tragen

Es war nicht immer einfach
Das überseh'n die Meisten
Zum Wohle meines Volkes
Diesen Henkersdienst zu leisten
Versteh'n Sie doch
Ich habe mich der Aufgabe gebeugt
Von der Notwendigkeit des Mordens
War ich immer überzeugt

Dreh auf, dreh auf
Dreh ganz weit den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Ab mit dir ins Gorgass
Dreh auf, dreh auf
Bodo, dreh den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Dr. Bodo Gorgass

Dreh auf, dreh auf
Dreh ganz weit den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Ab mit dir ins Gorgass
Dreh auf, dreh auf
Bodo, dreh den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Dr. Bodo Gorgass

Neunzehn Neunundvierzig
Trat das Grundgesetz in Kraft
Und damit war die Todesstrafe
In ganz Deutschland abgeschafft
Zynisch, dass ich, der ich mich
Durchs Töten profilierte
Plötzlich, von der Gnade
Meiner Feinde profitierte

Ich, der gottgleich über
And'rer Seelen hat gerichtet
Ich, der niemals heilte
Ich, der Kranke hat vernichtet
Vierundvierzig lange Jahre
Waren mir dann noch gegeben
Ausgerechnet ich, Vergasungsarzt
Ich durfte leben

Ha-ha-ha-ha-ha
Ah-ha-ha-ha-ha
Ooh-ha-ha-ha-ha
Ah-ha-ha-ha-ha

Dreh auf, dreh auf
Dreh ganz weit den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Ab mit dir ins Gorgass
Dreh auf, dreh auf
Bodo, dreh den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Dr. Bodo Gorgass

Dreh auf, dreh auf
Dreh ganz weit den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Ab mit dir ins Gorgass
Dreh auf, dreh auf
Bodo, dreh den Hahn auf
Hahn auf, Hahn auf
Dr. Bodo Gorgass

10. Leiche 10.000

Heute ist ein Tag
An dem die Nägel wieder sprechen
An dem Finger kurze Briefe
In die Kachelfugen treiben
An dem Hände in das Fleisch
Des Nächsten Stoßgebete schreiben
Einer dieser Tage
An dem alle Worte brechen

Heute ist der Tag
An dem die Wasserköpfe blühen
An dem Blumen den erwählten
Ihren höchsten Knaben schmücken
An dem Brenner meinen Leib
Aus den verkrampften Körpern pflücken
Sechzig stecken in der Kammer
Sechzig sollen glühen

Heute ist ein Tag
An dem die Mörder Kreuze tragen
Und sie beten für das Edle
Für das Schöne, Gute, Wahre
Für das Kohlenmonoxid, das Gas
Die Nummer auf der Bahre
Für die Säulen schwarzer Watte
Die den Himmel überragen

Heute ist der Tag
An dem sie Rechenschieber preisen
An dem über diesem Keller
Jedes Vöglein weitersingt
An dem mich die deutsche Flamme frisst
Vertilgt und in sich schlingt
An dem wir uns vermischen
An dem Wolken uns verspeisen

Oh, Tag, so groß und bitter
Du kommst, uns zu vernichten
An einem Lüftungsgitter
Die ganze Welt zu richten

Oh, Tag, so groß und bitter
Du kommst, uns zu vernichten
An einem Lüftungsgitter
Die ganze Welt zu richten

Heute ist ein Tag
An dem die Leichen wieder stehen
An dem sie einander riechen
An dem sie einander finden
Sich zur größten aller Leichen
Sich zu Rauchfahnen verbinden
Die am Ende über allen
Über aller Häuser wehen

Heute ist der Tag
Von dem die Menschen immer wussten
Heute ist der eine Tag
Von dem sie alle wissen mussten
Man öffnet mir die Klappe
Und das Ende, es wird wahr
Ich komme in den Ofen
Den Backofen von Hadamar

Und Gott hat heute Urlaub
Nein, Gott ist heut' nicht hier
Gott schickt jedem von euch dafür
Eine Flasche Bier

Vom Vater hier vergessen
Verlassen und verbannt
Vom Feuer aufgefressen
Jesus starb in Deutschland

11. Es Tut Uns Leid

Es tut uns leid
Der Mensch ist längst verstorben
Es tut uns leid
Der ist zweimal verbrannt
Es tut uns leid
Das Hirn war schwer verdorben
Es tut uns leid
So plötzlich, übermannt

Es tut uns leid
Beusche müssen angemeldet werd', und
Es tut uns leid
Sie müssen die Familie unterrichten, und
Es tut uns leid
Ihm blieb zu wenig Zeit mit uns auf Erden, und
Es tut uns leid
So steht es eben hier, in den Berichten, und
Es tut uns leid
Wir mussten alles wegdesinfizieren, und
Es tut uns leid
Er war ganz voller Keime und Bazillen, und
Es tut uns leid
Der Geist war einfach nicht zu reparieren, und
Es tut uns leid
Sie machen, was wir sagen, Ihretwillen

Es tut uns leid
Die Kleidung hat gelitten
Es tut uns leid
Xie schenken sie gern her
Es tut uns leid
Notwendig, unbestritten
Es tut uns leid
Heil Hitler, bitte sehr

Es tut uns leid
Sie müssen erst die Grabstätte belegen, und
Es tut uns leid
Wir werden auch die Portokosten tragen, und
Es tut uns leid
Der Tod war die Erlösung, war ein Segen, und
Es tut uns leid
Sie wollen davon abseh'n, mehr zu fragen, und
Es tut uns leid
Wir hatten schnell zu handeln, schnell zu schalten, und
Es tut uns leid
Der Krieg lässt keine Zeit um Trübsal blasen, und
Es tut uns leid
Wir sind es, die den Ascheeimer halten, und
Entschuldigung
Wir sind es, die verleugnen und vergasen

12. Was Weißt Du Schon Von Mir (Mein Name Ist Friedrich)

Was weißt du schon von mir?
Vom Leben und der Zeit?
Wenn du doch nie erfährst
Was auf dem Fleckchen Erde
Auf dem dein Fuß jetzt steht
Geschah, bevor du Atem
Und Licht und Klang und Halt
In dich gesogen hast?

Was weißt du schon von mir?
Von Liebe und der Welt?
Wenn du doch niemals wirst
So wie ich fühlen können?
Das Herz schlägt gleich
Doch gleicht das eine nicht dem and'ren
Auch wenn der Kopf sich auf
Dasselbe Kissen legt

Was weißt du schon von mir?
Was sagen dir das Bild?
Die Ohren und der Zahn?
Die Haare und der Blick?
Wirst du doch niemals mich
In meinen Augen finden?

Was weißt du schon von mir?
Was steht in einem Brief?
In einem langen Satz
In einem kleinen Wort
Kann doch der Stift nicht wie
Die Seele flüstern schreiben?

Was weißt du schon von mir?
Was weißt du davon, wie
Ich ihn und sie und es
Umklammert und gesucht
Berührt, gewollt, vermisst
Und angeschrien habe?

Was weißt du schon von mir?
Was davon, wie ich sprach?
Was davon, wie ich schlief?
Was davon, was ich sang
Als alle Wege nur
In eine Richtung führten?

Was weißt du schon von mir?
Wenn du nicht mit mir isst?
Den Mantel mit mir teilst?
Gemeinsam mit mir betest?
Wir nicht aus einem Glas
Das eine Wasser trinken?
Wenn immer nur der Mund
Doch nie das Auge lacht?

Was weißt du schon von mir?
Wenn du nicht mit mir stirbst?
Denn dafür sind wir hier
Die Last gerecht zu teilen
Und Hände zu ergreifen
Wann immer sie uns suchen
Was weißt du schon von mir?
Du hast mich nie gekannt